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Professor - Maler - Multitalent

Burgsteinfurt - „Man mag es kaum glauben, dass das alles in ein Leben passt“, brachte Marlene Hilgemann vom Frauentreff des Burgsteinfurter Heimatvereins das Resümee nach dem Vortrag von Jörg Bertrams auf den Punkt. Der 83-jährige Medizinprofessor und Kunstmaler, der seit drei Jahren seine großformatigen Bilder in der Galerie an der Kirchstraße präsentiert, erzählte vor 35 Frauen Geschichten aus seinem bewegten Leben. Selbst Sohn eines Essener Chefarztes erlebte Bertrams im stark zerstörten Essen eine von den Kriegsfolgen geprägte Kindheit und Jugend. „Wir haben uns mit Steinekloppen für jeden heilen Ziegelstein 10 Pfennig verdient und mussten unsere Beute in einer zerstörten Kirche vor anderen Kinder-Gangs verstecken.“

Seine große Liebe, mit der er später nach Approbation und Verleihung der Doktorwürde fast 55 Jahre verheiratet war, lernte er auf kuriose Weise kennen. „Ich war als 16-Jähriger zu schüchtern, um sie anzusprechen. Da habe ich ihr die Ventile aus dem Fahrrad gedreht. Ich habe sie dann unter ihren Flüchen und Schimpftiraden bis nach Haus begleitet.“ Bertrams erwarb sich als Mediziner einen weltweiten Ruf, indem er ein Labor für Abstammungsbegutachtungen aufbaute. Hier konnten unzählige Verfahren zu Vaterschaftsbestimmungen gerichtssicher durchgeführt werden. Ein weiterer Schwerpunkt seiner beruflichen Tätigkeit war für Bertrams die Gründung eines Diabetes Beratungszentrums in Essen.

Schon als Kind hatte der Professor seine Leidenschaft für das Zeichnen und Malen entdeckt. Sein zeichnerisches Talent bescherte ihm auch das Thema für seine Dissertation. International wurden seine Gewebezeichnungen, die er bei Operationen skizzierte, gelobt und in Fachbüchern verbreitet. Nach wie vor nimmt Jörg Bertrams immer noch regelmäßig an Kursen mit einem bekannten Maler teil. Nach dem Tod seiner Frau zog der Essener nach Burgsteinfurt, wo seine Tochter verheiratet lebt. „Das malerische Städtchen hat mich sofort begeistert und meinen Entschluss, hier meinen Lebensabend zu verbringen geprägt.“

Die Stationen seines Lebens hat Professor Bertrams in den letzten zwei Jahren in einem 400 Seiten starken, reich bebilderten Buch niedergeschrieben. Am 28. Juli wird in der Großen Kirche die Ausstellung „Refugees – Flüchtlingsbilder von Jörg Bertrams“ eröffnet. Marlene Hilgemann bedankte sich nach dem spannenden und unterhaltsamen Vortrag beim Referenten mit dem Wunsch, weitere Episoden aus dem medizinischen Schaffen des Professors im Frauentreff anbieten zu können.